Naturphänomen mit Wow-Effekt
"Galileo" auf Spurensuche: Was steckt hinter dem blauen Vulkan?
Aktualisiert:
von Claudia Frickel"Es sieht wirklich aus wie Lava!" Aber was ist die leuchtend blaue Masse wirklich, die am Vulkan Ijen in Indonesien den Berg hinabfließt?
Bild: Galileo
Wenn ein Vulkan ausbricht, entsteht immer orange-rote Lava - oder doch nicht? In Indonesien fließt am Vulkan Ijen scheinbar blaue Lava den Berg hinunter. Galileo hat das mysteriöse Phänomen aus nächster Nähe betrachtet - und das Geheimnis gelüftet. Ungefährlich war das nicht.
Hier siehst du die Galileo-Reportage zur blauen Lava
Der Vulkan Kawah Ijen und sein "blaues Feuer"
Der Ijen ist ein Vulkankomplex in der Provinz Jawa Timur, ganz im Osten der indonesischen Insel Java. Das knapp 2.900 Meter hohe Felsengebilde steht in einem riesigen, 20 Kilometer breiten Kessel.
Das Gebiet ist für mehrere spektakuläre Anblicke bekannt. Wer den Vulkan nachts besucht, bekommt ein ungewöhnliches Schauspiel zu Gesicht: Eine leuchtend blaue Masse strömt in hohem Tempo über das zerklüftete Gestein den Berg hinunter. Das ist aber nur nachts zu sehen, tagsüber verfliegt der Zauber.
Es handelt sich um einen Vulkan, also müsste es eigentlich Lava sein, die dort fließt - ist es aber nicht. Die Einheimischen sprechen von Api Biru, was übersetzt "blaues Feuer" heißt. Das ist ein erster Hinweis auf das, was hier wirklich passiert.
Die blaue Masse sucht sich ihren Weg ins Tal und landet schließlich in einem türkisfarbenen Kratersee am Fuß des Vulkans. Er heißt Kawah Ijen und erstreckt sich über eine Breite von einem Kilometer. Der See ist 200 Meter tief und von kahlen Wänden eingeschlossen.
Zum Baden oder Flanieren lädt er allerdings nicht ein, den er ist hochgiftig. Unter Geolog:innen ist er als "größtes Säurefass der Erde" bekannt. Denn im Wasser sind große Mengen Schwefelsäure gelöst. Aber auch Alaun, Gips und andere gefährliche Substanzen tragen zur toxischen Mischung bei.
Der Kawah Ijen ist mit einem pH-Wert von unter 0,5 extrem sauer. Zum Vergleich: Bei einem normalen See liegt der Wert bei 6 bis 8. Der Schwefel ist es auch, der für die blaue "Lava" sorgt.
Tagsüber ist die leuchtend blaue Lava zwar nicht sichtbar, aber der Vulkan Ijen mit seinem türkisgrünen Kratersee ist dennoch ein beeindruckender Anblick.
Bild: IMAGO/Dreamstime
Schwefel am Vulkan Ijen: So gefährlich ist es dort
Der Schwefel im Kratersee stammt aus dem Gestein des Vulkans: Darin befinden sich riesige Vorkommen des chemischen Elements. Sie lagern sich teilweise meterdick im Krater und an der Bergflanke ab.
Schwefel ist zwar giftig, aber auch eine Wirtschaftsquelle. Er wird auf Java unter anderem genutzt, um Streichhölzer und Düngemittel herzustellen oder Zucker weißer zu machen. Seit Ende der 1960er-Jahre existiert darum am Vulkan eine Mine, in der Arbeiter den Schwefel abbauen - unter extremen Bedingungen und mühsam mit der Hand. Der Job ist sehr gefährlich und anstrengend.
Die Männer müssen jeden Tag auf 2.800 Meter Höhe klettern und dann in den Krater steigen. Dort hacken sie große, gelbe Schwefel-Klumpen in Stücke. Diese transportieren sie anschließend aus dem Krater nach oben und hinab zum Fuß des Berges - in geflochtenen Körben, die mit ihrer Ladung mehr wiegen als sie selbst.
Das alles geschieht in einer Umgebung, in der die Luft beißend und dick von giftigen Dämpfen ist. Diese entstehen, wenn der Schwefel mit Sauerstoff und Wasser reagiert. Die Augen tränen und das Atmen fällt schwer. Viele Arbeiter können sich keine Schutzmasken leisten, sie leiden an Atemwegserkrankungen. Immer wieder kommt es zu Unglücken, bei denen Menschen sterben, indem sie ersticken.
Die Tourist:innen, die die blaue Lava bestaunen wollen, dürfen dagegen nicht ohne Gasmasken und Schutzausrüstung in die Nähe des Sees.
Was hinter der blauen Lava steckt und wie Galileo dem Geheimnis auf die Spur kam
Was genau die leuchtend blaue Lava mit dem Schwefel zu tun hat, wollte Galileo wissen. Das X-Plorer-Team machte sich mit Vincent Dehler auf den Weg, um sich das beeindruckende Schauspiel mit eigenen Augen anzuschauen.
Die Reporter wagten sich ganz nah an die wabernde blaue Masse heran - natürlich mit Schutzkleidung. Auch sie hatten ein solches Phänomen noch nie gesehen.
Sie entdeckten, dass dort keine normale Lava strömt. Denn die entsteht, sobald geschmolzenes Gestein durch Risse in der Erdkruste bricht. An der Erdoberfläche wird dieses Magma zu Lava. Bei Temperaturen von über 525 Grad Celsius glüht diese rot.
Die blaue "Lava" ist dagegen ein Feuer, das entsteht, wenn sich Schwefel entzündet. Manchmal schießen sogar meterhohe blaue Flammen in den Himmel - und das, obwohl das Element eigentlich gelb ist.
Das ganze Geheimnis hinter den blauen Lava-Flammen und warum sie tagsüber nicht sichtbar sind, erklären dir die Galileo-Reporter in ihrer Reportage. Darin kannst du außerdem sehen, wie beschwerlich der Schwefelabbau durch die Minenarbeiter tatsächlich ist. Sie erzählen Galileo auch, warum sie sich trotzdem in den Krater hinunterwagen.