Chancen "zu Grabe getragen"

Skandal um Karla Sofía Gascón! Wird "Emilia Pérez" bei den Oscars doch leer ausgehen?

Aktualisiert:

von Lars-Ole Grap
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Schauspielerin Karla Sofía Gascón steht wegen früherer Social-Media-Beiträge massiv in der Kritik.

Bild: IMAGO/CordonPress


Bei der bevorstehenden 97. Oscar-Verleihung geht "Emilia Pérez" als Favorit mit 13 Nominierungen ins Rennen. Droht jetzt der Absturz? Der Grund: Alte Tweets von Hauptdarstellerin Karla Sofía Gascón, voller Rassismus und Spitzen gegen Kolleginnen.

Der Musical-Thriller "Emilia Pérez" brach mit 13 Nominierungen einen Rekord: Kein Film, der nicht aus den USA stammt, wurde so häufig nominiert. In der Rolle eines mexikanischen Drogenbosses, der seine Geschlechtsidentität zur Frau verändert, liefert Karla Sofía Gascón eine beeindruckende Performance. Der gewagte Plot von Regie-Koryphäe Jacques Audiard wurde nicht nur in Luzern als bester europäischer Film gefeiert, sondern holte auch den Golden Globe in der Kategorie "Komödie / Musical".

Als erste Transfrau für den Oscar in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin" nominiert, steht Gascón aufgrund ihrer menschenverachtenden Tweets aktuell heftig in der Kritik. Aber waren die Posts von Karla Sofía Gascón, gerade noch gefeierte Symbolfigur im Kampf gegen Diskriminierung, wirklich so schlimm? Verschiedenen Quellen zufolge soll Gascón im Netz alles und jeden angegriffen haben: die arabische und islamische Welt, die katholische Kirche, Promis wie Miley Cyrus, Adele und sogar ihre "Emilia Pérez"-Co-Darstellerin Selena Gomez. Selbst vor George Floyd, einem Todesopfer von Polizeigewalt, habe sie angeblich nicht Halt gemacht und ihn als "Junkie" bezeichnet.

Das Erste, was ich ohne Zweifel tun möchte, ist, mich bei allen Menschen zu entschuldigen, die sich durch meine Art der Ausdrucksweise möglicherweise beleidigt gefühlt haben (…) Man hat mir vorgeworfen, rassistisch zu sein, und das bin ich nicht.

Karla Sofía Gascón

Die spanische Schauspielerin ergänzt, dass ihre Tweets ironisch und zum Teil aus dem Kontext gerissen worden seien. Diese Entschuldigungen und die Schließung ihres X-Accounts dürften allerdings kaum reichen, um den Schaden abzuwenden. Expert:innen sehen die Erfolgschancen des Films in Gefahr, während Organisationen wie der Rat für muslimische Öffentlichkeitsarbeit in Hollywood (MPAC) Konsequenzen fordern.

Oscar-Favorit "Emilia Pérez" gerät ins Wanken

Auch in ihrer Heimat Spanien hagelte es scharfe Kritik. Die renommierte Zeitung "El País" kommentierte vergangenen Sonntag, sie habe "fast alle ihre Chancen und auch die des Films zu Grabe getragen". Der Filmexperte Pau Brunet ging noch weiter: "Ich bin sicher, dass der Film leer ausgeht." Und die Wettbüros? Dort ist Emilia Pérez bereits im freien Fall.

Die Oscar Academy achtet sehr auf politische Korrektheit und Sensibilität gegenüber Minderheiten. Zwar blieb scharfe Kritik prominenter Kolleg:innen bislang aus, doch die rund 10.000 Academy-Mitglieder, die zwischen dem 11. und 18. Februar über die Gewinner:innen abstimmen, werden die jüngsten Vorfälle sicher nicht ignorieren, sondern sie in ihre Entscheidungen einfließen lassen.

Gascóns Skandal könnte dadurch anderen Filmen in die Karten spielen. Das Drama "Der Brutalist" und der Musical-Filmhit "Wicked" liegen mit je zehn Nominierungen direkt hinter "Emilia Pérez" auf Platz zwei. Doch auch der brasilianische Film "I'm Still Here" hat jetzt kräftig Aufwind: Mit Nominierungen in den Kategorien "Bester Film", "Bester internationaler Film" und Fernanda Torres in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin", steigen die Chancen des Films nun deutlich.