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Oscar-Favorit 2025 - "The Brutalist": So viel KI wurde im Film verwendet
Aktualisiert:
von Nicola SchillerWie viel Künstliche Intelligenz ist in einem Film erlaubt? Oscar-Favorit "Der Brutalist" steht gerade mächtig dafür in der Kritik.
Bild: picture alliance / Everett Collection | Courtesy Everett Collection; Who is Danny_adobe.stock.com
"Der Brutalist" hat schon bei den Golden Globes ordentlich abgeräumt und gilt auch für die Oscars 2025 als heißer Favorit. Das Drama mit Adrien Brody sorgt unter Filmfans aber nicht nur für Begeisterung, sondern auch für heftige Diskussionen. Der Grund: Die Verwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Post-Produktion.
Worum geht es in "Der Brutalist"?
"Der Brutalist" ist ein episches Drama über den ungarisch-jüdischen Architekten László Tóth (Adrien Brody), der nach dem Holocaust in die USA flieht und dort versucht, seinen ganz eigenen American Dream zu verwirklichen. Der Film begleitet ihn über mehrere Jahrzehnte, während er mit Ausgrenzung, den Herausforderungen der Nachkriegszeit und seiner kulturellen Identität zu kämpfen hat.
KI in "Der Brutalist": Was ist das Problem?
In einem Interview mit "Red Shark News" erklärt der Editor des Films Dávid Jancsó, dass teilweise KI genutzt wurde, um die ungarischen Dialoge der Hauptdarsteller:innen (Adrien Brody und Felicity Jones) zu perfektionieren.
Wie genau funktioniert das? Die Macher speisten unter anderem Dávid Jancsós Stimme in das Programm ein. Die Software ermögliche es den Schauspieler:innen "mit anderen Stimmen zu sprechen".
Der Großteil ihres ungarischen Dialogs enthält Teile von mir. [...]Es geht hauptsächlich darum, hier und da Buchstaben zu ersetzen.
Dávid Jancsó ist selbst Muttersprachler und begründet die Entscheidung mit der Komplexität des Ungarischen, vor allem, was die Aussprache angeht.
Wir haben [Brody und Jones] gecoacht, und sie haben großartige Arbeit geleistet, aber wir wollten es perfektionieren, sodass selbst Einheimische keinen Unterschied bemerken.
Er betont außerdem, dass die Software nur für die detaillierte Verfeinerung genutzt wurde und (entgegen einiger Internet-Kommentare) keine englische Sprache verändert wurde.
Auch Regisseur, Brady Corbet, verteidigt die Verwendung von KI: "Adrien und Felicitys Darstellungen sind völlig ihre eigenen. Sie haben monatelang mit der Dialekt-Trainerin Tanera Marshall gearbeitet, um ihre Akzente zu perfektionieren. Die innovative Respeecher-Technologie wurde nur bei der Bearbeitung des ungarischen Dialogs eingesetzt, um bestimmte Vokale und Buchstaben für die Genauigkeit zu verfeinern."
Ziel war es, die Authentizität der Darbietungen von Adrien und Felicity in einer anderen Sprache zu bewahren, ohne sie zu ersetzen oder zu verändern.
Verwendung von KI in anderen Filmen
Es gibt sogar Stimmen, die Brodys Oscar-Nominierung als "Bester Hauptdarsteller" infrage stellen. Dabei ist die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in vielen Bereichen der Filmbranche schon zu einem festen Bestandteil geworden. KI ist zum Beispiel eine zeit- und kostengünstige Alternative zu traditionellem CGI, also allen digitalen, computergenerierten Bildeffekten. Auch beim Color-Grading wird KI gerne eingesetzt.
Fakt ist: In der heutigen Zeit verschwimmen die Grenzen von KI-Nutzung immer mehr. Wo hört herkömmliche Video- oder Sound-Bearbeitung auf, wo fängt KI an? "Der Brutalist" ist bei Weitem nicht der erste Film, der in der Post-Produktion nachgeholfen hat und wird auch nicht der letzte sein.
Fun Fact: Auch der Oscar-Kontrahent "Emilia Pérez" steht gerade aus ähnlichen Gründen in der Kritik. Wie eine der Macherinnen beim Filmfestival in Cannes bestätigte, wurde auch hier mit KI nachgeholfen und die Gesangsstimme von Karla Sofía Gascón mit der einer französischen Pop-Sängerin gepimpt.
Noch mehr Kritik für den Oscar-Favoriten
Das denkt Film-Expertin Nicola: Wie schlimm ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Kino?
Auf Social-Media habe ich den Kommentar eines aufgebrachten Filmfans gelesen: "AI is the cancer of cinema", also in etwa: "Künstliche Intelligenz ist der Tod des Kinos". Ganz so dramatisch würde ich es jetzt nicht formulieren.
Die Sorge, dass KI einen immer größeren Einfluss auf unsere Gesellschaft nimmt und zunehmend Arbeitskräfte ersetzen könnte, ist nachvollziehbar. Gleichzeitig finde ich, muss man auch im Film-Business mit der Zeit gehen. Vor ein paar Jahrzehnten war CGI-Technologie verpönt, ist KI jetzt womöglich das neue CGI? Im Fall von "Der Brutalist" betonen die Macher auch, dass KI keine Jobs eliminiert, sondern geschaffen habe. Ob das wirklich stimmt ... who knows.
Spätestens wenn irgendwann ein Film ohne menschliche Beteiligung gemacht wird, ist es wirklich Zeit, sich ernsthafte Sorgen zu machen. Aber bis dahin sollte eine KI-unterstützte Verbesserung eines Werkes doch wohl noch erlaubt sein - vor allem, wenn es den Film noch besser macht☺☮.