Cringe oder Cool: So steht es um die Serie
Voller Klischees? Wie gut ist "Homeland" gealtert?
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von Christian StüweCarrie ist in ihrer Funktion als CIA-Agentin öfter im Nahen Osten bei den "bösen Jungs" - wie viel Klischee hat sich die Serie aufgedrückt?
Bild: IMAGO / Capital Pictures
Der Serie "Homeland" wird immer wieder vorgeworfen, islamfeindlich zu sein und den "Krieg gegen den Terror" nur aus der amerikanischen Sichtweise zu zeigen. Was ist dran an den Vorwürfen? Alle acht Staffeln kannst du jetzt auf Joyn streamen und dir eine Meinung bilden!
Fara Sherazi (Nazanin Boniadi) betritt die CIA-Zentrale in Langley und ist direkt kritischen Blicken ausgesetzt. Auch die Sicherheits-Mitarbeiter beäugen die neue Mitarbeiterin ausgiebig. Selbst als sie ihren Ausweis vorzeigt, bleiben die Gesichter skeptisch.
Denn Sherazi ist eine gläubige Muslimin und sie trägt ein Kopftuch. Um ihre Religion gegen Extremisten und Terroristen zu verteidigen, hat sie beim amerikanischen Geheimdienst angeheuert. Doch dort stößt die aus dem Iran stammende Agentin auf Misstrauen.
"Dieses Ding da auf Ihrem Kopf ist wie ein 'Fuck you' für die Leute, die Ihre Kollegen gewesen wären, wenn sie nicht bei der Explosion gestorben wären", sagt Saul Berenson (Mandy Patinkin) noch unter dem Eindruck des Bombenanschlags auf das CIA am Ende der ersten Staffel. Die neue Kollegin fühlt sich - völlig zu Recht - vor den Kopf gestoßen und beginnt zu weinen.
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Saul Berenson setzt den Islam mit Terrorismus gleich
Die Szene aus der zweiten Folge der dritten Staffel von "Homeland" ("Spur des Geldes") verdeutlicht das Dilemma der Agenten-Serie. Die Serie will einen realistischen Blick auf weltweite Konflikte, die Arbeit der Geheimdienste und den Krieg gegen den Terror werfen, bedient dabei aber auch Klischees und rassistische Stereotype.
Die Religion des Islam mit Islamismus und Terrorismus gleichzusetzen ist ein häufiges Vorurteil, mit dem Muslimen begegnet wird. Saul Berenson tut genau das. Die Serienmacher lassen dieses Vorgehen unkommentiert.
Immerhin entwickelt sich Fara Sherazi im weiteren Verlauf der Serie zu einer sehr differenzierten Figur, deren Probleme und Widersprüche aufgezeigt werden. Dennoch ist die Darstellung von Muslimen und die des Nahen Osten ein genereller Kritikpunkt an der Serie "Homeland".
"Homeland": Fast alle muslimischen Charaktere sind Terroristen
Was damit beginnt, dass praktisch alle muslimischen Charaktere der Serie Terroristen sind.
Zwar wird auf die Motive der Terroristen eingegangen, wie etwa im Fall von Al-Kaida-Boss Abu Nazir (Navid Negahban), der seinen geliebten Sohn bei einem US-Drohnenangriff verloren hat.
Am Ende bleiben sie aber immer die Bösen, die besiegt werden müssen. Ob mit Gewalt oder Folter. Selbst einer CIA-Mitarbeiterin wie Fara Sherazi wird zunächst mit Vorurteilen und Ablehnung begegnet.
Beschwerden aus Beirut und Islamabad über Darstellung in "Homeland"
Seit der Erstausstrahlung im Oktober 2011 gibt es deswegen Vorwürfe. "Homeland" sei islamfeindlich, rassistisch und imperialistisch, da das Geschehen nur aus amerikanischer Sicht gezeigt und das oft brutale Vorgehen der US-Geheimdienste gerechtfertigt werde.
Die Vorwürfe kommen oft genug aus dem Nahen Osten selbst. Der libanesische Tourismusminister Fadi Abboud beschwerte sich 2012 über die Darstellung der Hamra Street in Beirut. Die Straße, in der in Wirklichkeit das Leben pulsiert und wo Menschen in Bars und Restaurants sitzen, werde in "Homeland" als "von Milizen belagert" dargestellt.
Ein fast deckungsgleicher Vorwurf kam aus Islamabad, der Hauptstadt Pakistans. Die Stadt werde in der Serie als "terroristisches Höllenloch" gezeigt. Gedreht wurde auch nicht an Original-Schauplätzen, sondern in Israel und in Südafrika.
Graffiti-Künstler aus Berlin verstecken Botschaft in der Serie
Der in New York lebende Politikwissenschaftler und Nahost-Experte Joseph Massad schrieb 2012 in einem Gastbeitrag für den Nachrichtensender "Al Jazeera", dass die "rassistische Darstellung von Arabern so exponentiell ist, selbst für das amerikanische Fernsehen, dass man nicht weiß, wo man anfangen soll."
Massad nannte als Beispiel den saudi-arabischen Diplomaten Mansour Al-Zahrani (Ramsey FaragallahI), der drei Frauen und zehn Kinder hat und den Terroristen Abu Nazir unterstützt. Von solchen arabischen Figuren wimmele es nur so in "Homeland", schrieb Massad, der der Serie eine "rassistische Struktur" unterstellte.
Die Kritik an "Homeland" hat es sogar in die Serie selbst geschafft. Für die fünfte Staffel, die in Berlin spielt, wurden Graffiti-Künstler engagiert, die eine Wand am Set mit arabischen Graffitis besprühen sollten.
Die "Arabian Street Artists" aus Berlin schrieben auf Arabisch "Homeland ist rassistisch" an die Wand. Die versteckte Botschaft wurde unbemerkt in der Serie gezeigt.
"Homeland" ist trotz aller Kritik gut gealtert
Wie die Beispiele zeigen, hat die Kritik an der Serie um die Geheimagentin Carrie Mathison (Claire Danes) zweifellos ihre Berechtigung. Die Frage, ob "Homeland" gut gealtert ist, kann dennoch mit "Ja" beantwortet werden.
Denn in den späteren Staffeln reagierten die Serienmacher auf die Vorwürfe, sie thematisierten die rassistischen Stereotype der Geheimdienste und kritisierten diese in Dialogen.
Und aktuell sind die "Homeland" behandelten Themen wie Fake News, innenpolitische Spannungen, rücksichtsloses außenpolitisches Vorgehen, Verschwörungen und Rassismus nach wie vor.
Spannende Fälle lösen auch die Agenten von "Navy CIS", alle 22 Staffeln findest du ebenfalls auf Joyn.